Nächtlicher Blick auf die Fürther Freiheit während der Michaelis-Kirchweih. Johannes Heuckeroth
Die berühmte fünfte Jahreszeit….
Eine Zeit, die mehr als alles andere für ausgelassene Stimmung, Nächstenliebe und den Kater danach steht. Die Fürther Michaeliskirchweih – im Volksmund treffend nur „Die Kärwa“ genannt – ist in der gesamten Metropolregion und darüber hinaus für viele DAS Highlight des Jahres. Wir freuen uns gut 350 Tage lang darauf, dann genießen wir sie 12 Tage lang, um uns anschließend wieder ein Jahr lang darauf freuen zu können. Den Umständen geschuldet müssen wir dieses Mal wohl mehr als 700 Tage lang ohne sie auskommen. Was im ersten Moment als schier unmenschliche Aufgabe erscheint, wird für echte Kärwagänger aber tatsächlich kein Problem sein.
Die Kärwa ist für jeden da
Echte Kärwagänger…..wer soll das eigentlich sein?! Ganz einfach: Jeder! Jeder Einzelne, der Lust darauf hat. Das ist das Kernelement eines der ältesten und größten Volksfeste Frankens. Jedermann und Jedefrau ist willkommen – Ausnahmen gibt es nicht. Die Fürther gehen mit ihrer Gastfreundschaft sogar so weit, dass jedes Jahr aufs Neue selbst die Nachbarn aus Nürnberg ausdrücklich eingeladen werden. Wo sonst Konkurrenzdenken und oftmals Missgunst herrscht, finden wir während der Kärwa nur traute Einigkeit. Vergessen scheinen die alljährlichen Derbyniederlagen des Clubbs (dazu scheint der FCN-Fan eh geneigt), stattdessen wird zusammen angestoßen und ein Kärwabier getrunken. Das war allerdings nicht immer so. Im Jahr 1739 hatte die Nürnberger Stadtführung genug von dem buten Treiben. “Unsere Norisstädter sollen gefälligst die stadteigenen, nach uns benannten Bratwürste vertilgen“ dachte sich der Rat der Pegnitzstadt und beschloss kurzerhand in der Kärwazeit alle Tore nach Fürth zu schließen. Schluss mit Lustig. Da die Nürnberger aber unbedingt auch weiterhin nach Fürth kommen wollten – was außerhalb der Kärwazeit viele eher schmunzeln lässt – meldeten sich die Bürger entsprechend zu Wort, wodurch die zwischenzeitliche Ausgangssperre bereits im darauffolgenden Jahr wieder aufgehoben wurde. Eine wunderbare, weil wahre kleine Gleschichte, die stellvertretend für die Anziehungskraft der größten Straßenkirchweih Süddeutschlands steht und von der Touristinformation Fürth entsprechend am Leben gehalten wird.
Im Herzen der Stadt und in den Herzen der Besucher
Wo andernorts überwiegend auf Feldern und sonstigen Grünflächen weit ab vom Schuss gefeiert wird, sitzt die Färdder Kärwa mitten in der Stadt. Früher war sie auf dem Grünen Markt und in der Gustavstraße zu finden, heute zieht sie sich durch die Straßen der Innenstadt. Von der Fürther Freiheit bis runter in die Königstraße. Gefeiert wird also im Herzen der Stadt, wo man ihren Herzschlag auch spürt. Im Herzen ist sinnbildlich die Liebe beheimatet. In diesem Fall die Liebe für gute Stimmung, für die Mitmenschen und nicht zuletzt zum Bier. Purer Kitsch, versetzt mir reichlich Pathos. Klar. Das macht den Inhalt aber nicht weniger wahr. Wer schon einmal da war, kennt das Gefühl: zur Kärwazeit herrscht in Fürth diese einzigartige Stimmung. Kaum zu beschreiben. Wie eine Mischung aus Enstpannung, Zufriedenheit und Freude am Leben – nur besser. Der Fakt, dass Fürth die sicherste Großstadt Deutschlands ist, spielt dabei sicherlich eine große Rolle. Trotz reichlich Alkohol, kommt es auf den ca. 42.000 Quadratmetern kaum zu nennenswerten Zwischenfällen. Nirgends sonst wird auch extra für knapp zwei Wochen die gesamte Innenstadt lahm gelegt und sogar eigens eine Bundesstraße gesperrt. Gut, für die betroffenen Anwohner ist das vielleicht nicht immer das höchste der Gefühle, aber auch die haben ja die Möglichkeit, ihren Frust an den etwa 100 Imbiss- und Ausschankständen zu vergessen. Essen soweit das Auge reicht…paradiesisch.
Ein verlorenes Jahr, oder vielleicht doch die Chance auf mehr
Seit mutmaßlich über 900 Jahren wird die Königin aller Kirchweihen des fränkischen Kreises gefeiert. Nach wie vor auch als echte Kirchweih, in Erinnerung an die Weihe der Kirche St. Michael. Start ist jedes Jahr am Namenstag des Erzengels Michael (29. September), oder am darauffolgenden Samstag. Die Kärwa selbst hat wahrlich Tradition und jeder Einzelne von uns auch seine eigene Kärwatradition. Seine eigenen Erinnerungen und Erlebnisse, die er/ sie mit den Festtagen verbindet. Sei es die alljährlich Fahrt im Riesenrad, der Biertreff vor der Stadttheater-Schenke, oder der Besuch beim Billigen Jakob. Nur dieses Jahr wird daraus nichts. Kein Schlendern durch die Stände. Kein Spickern um die Plüschtiere und auch keine Fressorgie durch jede einzelne Imbissbude. Stattdessen gehen wir dieses Jahr leer aus. Müssen sogar auf die Zeremonie beim Anstich verzichten. Wo bekomm ich jetzt mien Freibier her? Eine Frage, die sich auch der Autor dieses Textes mehr als ein Mal gestellt hat. Die Antwort: Nächstes Jahr wieder. Gleiche Stelle. Gleiche Zeit.
Das Herbstvergnügen mit Riesenrad und Co auf der Freiheit ist freilich kein Ersatz. Die Stadt versucht damit lediglich dem Schaustellerverband unter die Arme zu greifen. Stattdessen vermissen wir schon jetzt den Kärwaumzug, bei dem jedes Jahr zig tausende Menschen an den Straßen und vor dem Fernseher zusehen. Die unvergleichliche Stimmung beim Kärwagang und den leichten Seier danach. In diesem Fall ist vermissen allerdings nur ein anderes Wort für Vorfreude. Die Vorfreude auf die schönste Zeit im Jahr, in der wirs uns wieder richtig gut gehen lassen können. Die Zeit, in der wir alle Sorgen vergessen und uns den Freuden des Lebens hingeben können. Dieses eine Jahr darauf zu verzichten, steigert nur den Spaß im Nächsten. Anstatt in unseren immer gleichen Trott zu verfallen und die immer gleichen Sachen zu machen, halten wir uns dieses Jahr zurück, um 2021 dann noch mehr genießen zu können. Dann auch wieder mit pompösem Feuerwerk.
Anstatt ihr nach zu trauern, freuen wir uns bereits auf die Kärwa im nächsten Jahr. Schreib uns deine Gedanken zur Färdder Kärwa an redaktion@deinfuerth.de . Wer in dieser wunderschönen Stadt auch außerhalb der Kärwazeit Spaß haben will, findet hier und hier reichlich Inspiration und wer sich zu diesem oder anderen Fürth-Themen noch weiter informieren will, der ist beim FürthWiki bestens aufgehoben.